Aus den Beiträgen in diesem Heft spricht das Bedürfnis vieler Menschen, sich harmonisch auf die uns gegebenen Lebensquellen einzustimmen und zu einem Leben zu finden, dessen Urfreude darin liegt, zum Gedeihen des Lebendigen beitragen zu dürfen – nützlich zu sein. Doch die Suche nach Begegnungsflächen mit dem Lebendigen ist schwierig: Auch wenn ich selbst weder dem Stahl eines Windturbinenturms noch dem Mineral im Beton eines Hochhauses das Leben abspreche, kommt es mir doch reduziert vor, nicht im natürlichen Sinn dienend, so wie ich dienen können möchte, frei und willig, sondern vernutzt, einer Macht unterworfen, die raubt und versklavt. Wo aber gibt es Neuland, auf dem sich Menschen niederlassen könnten, die das Virus des guten Lebens bereits in sich tragen und in den Städten und vor ihren Toren hochinfektiöse Nachbarschaften bilden wollen, weil ihre Lebenspraxis, etwa die Besinnung auf das Angemessene oder eine Ökonomie der Gabe, nicht in die Leitideologie passt? Jeder Quadratmeter trägt schon das Namensschild von jemandem, der sich unter einem guten Leben eben gar nichts Neues vorstellt, sondern nach Absicherung und tunlichster Vermehrung des Bestehenden strebt.

Wem aber gehört die Erde wirklich? Dem Menschen? Der Besitz von Eigentum ist bekanntlich an einen Nachweis der Rechtmäßigkeit gebunden. Es muss irgendwann mal eine Urkunde niedergelegt worden sein, dass dieses und jenes Objekt in das Eigentum des Besitzers übergegangen ist. Mir ist nicht bekannt, dass der Mensch als Gattung über eine solche Urkunde verfüge, es sei denn, wir mosaisch konditionierten Westler wollten uns weiterhin auf Gen. 1, 28 (»Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.«) berufen. Das kann doch höchstens als Pachtvertrag gemeint gewesen sein, denn anderenorts stellt die Bibel klar, wem die Erde gehört, nämlich dem jüdisch-christlichen Einheitsgott, so z. B. in 3 Mos. 25, 23: »Darum sollt ihr das Land nicht verkaufen für immer; denn das Land ist mein, und ihr seid Fremdlinge und Gäste vor mir.«

Nicht einmal das Römische Recht, Grundlage für unser heutiges Eigentumsverständnis, verzeichnet so eine Art Ur-Übergabe der Erde an den Menschen. Wer denn wären auch die Zeugen gewesen, die dem beigewohnt hätten? So scheint alles damit angefangen zu haben: Um das Eigentum an einer Arbeitskraft zu sichern, sahen die Römer ein komplexes Ritual mit fünf Zeugen vor, nach dessen Absolvierung man mit seinem unbestrittenen Eigentum, dem neu erworbenen Sklaven, nach Hause ziehen konnte. Diese in der archaischen Tiefe unserer epigenetisch ererbten Kulturauffassung begründete Verknüpfung von Eigentum mit dem grässlichen Übel der Sklaverei mag die Ursache dafür sein, dass am Ende stets Versklavung steht, solange wir uns von der Idee eines Eigentums an Grund und Boden nicht gelöst haben.

Viel Kraft für die dazu nötige gewaltige Kulturanstrengung, die wir im neuen Baktun wohl zu leisten haben werden, wünscht Ihnen

Ihr Johannes Heimrath (Herausgeber)

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