Manche Menschen werden einem zu Wegweisern, von denen man es am wenigsten erwartet. Im Sommer 1977, ein Jahr nach seinem fürchterlichen Feuer-Rennunfall, bei dem er dem Tod gerade noch von der Schippe gesprungen war, schüttelte ich Niki Lauda die Hand. Als Held Österreichs war er Ehrengast einer Jubiläumsveranstaltung der Salzburger Nachrichten. Ich war gemeinsam mit meinem Freund und Musikerkollegen Michael Korth engagiert, die von uns wiederentdeckten Lieder des sinnenfrohen Erzbischofs Pilgrim II. aus dem Spätmittelalter vorzutragen. Ich erinnere mich noch daran, dass ich mich fragte, wie ein Mensch mit verbrannten Augenlidern wohl schlafen könne. Ich erinnere mich auch noch an die ungewöhnlich scharfe Präsenz dieses Mannes, die, unterstrichen durch die vernarbte Gesichtshaut, fast unangenehm aus seinen Augen schoss, so dass mir der kurze Moment des unverbindlichen Händeschüttelns unter Event-Ornament-Kollegen im Gedächtnis blieb. – Hut ab! Was für ein grandioser Ausstieg, dachte ich, als ich dann den erstaunlichen Satz las: »Es gibt wichtigere Dinge in meinem Leben, als mit einem Auto im Kreis herumzufahren.« – Gesagt am 28. September 1979, als Lauda mitten im Training spontan seinen Formel-1-Boliden abstellte und seine Karriere beendete. Drei Jahre später, als er seine eigene Fluggesellschaft in trockenen Tüchern hatte, stieg er zwar wieder ein und wurde zum dritten Mal Weltmeister, aber den berühmten Satz habe ich seither öfter zitiert, wenn es darum ging, zaudernde Menschen zu ermutigen, dem Impuls zum Ausstieg aus einer für sie nicht mehr stimmigen Lebenslage sofort und ohne Bedenken zu folgen. Vorausgesetzt, die innere Stimme ist klar, und das Herz brennt für die neue, richtige Aufgabe.

Ein anderer bemerkenswerter Satz, den ich bei solchem Anlass gern zitiere, stammt von Stephen Gaskin. Als er 1970 mit sechzig Caravans prallvoll mit Aussteiger-Hippies in San Francisco aufbrach, um dreitausend Meilen weiter östlich die legendäre »Tennessee Farm« zu gründen, soll er auf die Frage, was sein Leitspruch sei, gesagt haben: »Don’t get caught doing anything dumb«, zu Deutsch: Mach einfach keinen Blödsinn. Gaskin saß zwar später ein Jahr im Gefängnis, weil einige »The Farm«-Mitglieder Hanf angebaut hatten, aber als er wieder freikam, hatte er über eine Sammelklage das Wahlrecht für eine Viertelmillion bis dato entrechteter Häftlinge erstritten. 1980 bekam er den ersten Alternativen Nobelpreis, und 2000 war er Präsidentschaftskandidat der amerikanischen Grünen. Herzerwärmend, nicht wahr?

Auf meine letzten Gedanken zur wärmeren Welt schrieb mir Ervin Laszlo, Gründer des Club of Budapest, bei dem ich die Ehre habe, mitzuwirken: »It would be nice to have a warmer world, but already 3 degrees Celsius warmer would make the northern hemisphere almost uninhabitable for humans – at least, for larger groups of humans. Let’s warm it up in and with our hearts – would be safer …« Das muss ich, glaube ich, nicht übersetzen, oder doch?

In diesem Sinn beste Grüße aus dem frühlingshaft warmen Klein Jasedow,

Ihr Johannes Heimrath (Herausgeber)

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