In einer Redaktionskonferenz zur Optik dieser Ausgabe von Oya schlug ich vor, Szenen eines Werbevideos der Firma Otsaw Digital aus Singapur unkommentiert mit Bildern vom Move Utopia zu kombinieren. Auf ersteren hätte man einen Polizeiroboter gesehen, auf letzeren junge, alternative Menschen in Workshops und Redekreisen. Ich war auf eine Meldung in der »Gulf News« vom 27. Juni gestoßen, dernach Dubai seine menschlichen Polizeikräfte um 25 Prozent verringern wolle und deswegen bereits in diesem Jahr die ersten vollautomatischen Überwachungsroboter einsetzen werde. Die Zeitung schreibt:

»Die Polizei erklärte, das Roboterfahrzeug sei mit biometrischer Software ausgestattet, mit deren Hilfe es gesuchte Verbrecher sowie unerwünschte Personen, die einer Straftat verdächtig sind oder eine solche gerade verüben, aufspüren könne. Etwa so groß wie ein elektrisches Auto für Kinder, soll das Fahrzeug in der Stadt patrouillieren, um die Sicherheit zu erhöhen und ungewöhnliche Aktivitäten auszuforschen. Dazu werden die Passanten auf den Straßen gescannt, um polizeirelevante Personen oder bekannte Straftäter zu identifizieren. Das neue Sicherheitssystem ist derart fortschrittlich, dass das Kleinvehikel sogar eine eigene Drohne besitzt, die aus einem auf der Rückseite ausfahrbaren Fach starten kann. Fahrzeug und Drohne sind mit dem Kommandoraum der Dubaier Polizei verbunden und werden von dort überwacht.«

Generalmajor Abdullah Khalifa Al Merri, Dubais Polizeichef, erklärte: »Die Dubaier Polizei ist ständig auf der Suche nach der neuesten Technik zur Verbrechensbekämpfung, um unsere Arbeit für eine sichere und gepflegte Stadt zu verbessern. Mit diesen Robotern versuchen wir, unsere Fähigkeiten zu erweitern. Auf unseren Straßen soll es sicher und friedlich zugehen, auch ohne massive Polizeipräsenz – ganz nach der Vision von Dubai als Smart City.«

Das Wahrnehmungsfeld des Überwachungsroboters hat keinen toten Winkel. Er erkennt Gesichter, unterscheidet zwischen Freund und Feind, identifiziert verdächtige Objekte, wie Bomben, und erkennt mit einer Infrarotkamera Menschen hinter Verstecken. Das Beste: Er kennt ganzjährig weder Nachtruhe noch Urlaubszeiten. Sehen Sie selbst: www.otsaw.com/o-r3-robot.
Die Gulf News zitieren Ling Ting Ming, den Geschäftsführer des Herstellers Otsaw Digital: »Letztlich dienen Roboter dazu, die Lebensqualität zu steigern, indem sie den Menschen die hochwertige Arbeit überlassen und die niedrig­qualifizierten Jobs übernehmen.« Dazu zählt offenbar die Gesichtserkennung …

Soweit ich es überblicke, ist weder in den Medien noch auf den Straßen Hamburgs oder anderswo ein Aufruhr ob dieser weiteren Eskalation hin zum totalen Überwachungsstaat zu verzeichnen gewesen. Selbst in unserer Runde wurde ich gefragt, was ich daran erwähnenswerter fände als etwa die alltäg­liche Daten­sammelei im Internet, der sich fast die gesamte Bevölkerung unterwirft. Dieser Irrsinn sei doch schon lange eine Selbstverständlichkeit. – Es muss aber doch einen Grund geben, warum George Orwells Roman »1984« seit der amerikanischen Präsidentenwahl wieder ein globaler Bestseller ist …

Geben Sie auf sich Acht! Herzlich,

Ihr Johannes Heimrath (Herausgeber)

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